Wilhelm Janssen
D-38640 Goslar
Tel.: +49 5321 397670
Handy .: +49 151 59208000

www.wilhelm-janssen.de

Meine Welt

"Eigentlich hat Wilhelm nur fünf Minuten Geburtstag". Mit diesem Satz leitete Mutter jedes Jahr ihre Geschichte um die Umstände meiner Geburt ein.

WJ 1956Das alte Haus in dem ich geboren wurde, befand sich direkt am Deich an der ostfriesischen Nordseeküste und fernab der nächsten größeren Siedlung. Der eigentliche Geburtsvorgang vom 23. zum 24. Dezember 1955 verlief relativ unproblematisch. Um 0:30 Uhr erblickte ich das Licht der Welt. Um mir einen eigenen Ehrentag zu geben entschieden der im Geburtszimmer mitanwesende alte Hausarzt und Mutter, den Geburtstermin auf den 23. Dezember um 23:55 Uhr festzulegen. Und daher nur fünf Minuten.

Mutter hat diese Geschichte in meiner Kindheit so oft erzählt, dass ich es am Ende selber geglaubt habe. Ohne es zu wissen, hat Mutter mir dadurch die Freude sowohl an meinen Geburtstag als auch an das Weihnachtsfest genommen. Die Weihnachtszeit ist für mich seit je her eine traurige Zeit. Am 23. Dezember habe ich gefühlt noch kein Geburtstag und am Heiligen Abend ist mein Geburtstag bereits vorbei.

WJ 1964Der junge Wilhelm war ein sehr introvertiertes Kind und fühlte sich trotz der acht Geschwister und der Eltern immer alleine. Das Lesen und Schreiben sowie die Umsetzung der theoretischen Aufgaben in der Schule fiel ihm schwer und die hochdeutsche Sprache verstand der plattdeutsch sprechende Junge nicht. Lieber werkelte er mit den alten rostigen Werkzeugen aus der Werkstatt seines Vaters und zauberte aus Holz oder Ton Werkstücke, die andere immer wieder in Erstaunen versetzten. Er war eben ein visueller Mensch, der nur einmal etwas gesehen haben musste, um es dann exakt nachzubauen. Die Kinder in der Schule hatten stets über den Sonderling gelacht, wenn er als Legastheniker etwas vorlesen sollte und er es nicht konnte. Gerne wäre er in den Kreis der vermeintlichen Elite eintreten aber das ging seiner Meinung nach nur über die Theorie.

WJ 1995Mit Fleiß, Zielstrebigkeit und Ehrgeiz kann man alles erreichen, so war es auch bei dem heranwachsenden Wilhelm. Die Schulnoten verbesserten sich zusehends, die kaufmännische Berufsausbildung wurde vorzeitig erfolgreich abgeschlossen, die berufliche Karriere ging für seine Verhältnisse steil nach oben. "Der Janssen fast als Prüfer Dinge an, um die andere einen Bogen machen" hieß es beim Präsidenten des Landesarbeitsamtes. Ja, die Kenntnisse und Fähigkeiten des Janssen waren bei den Kollegen und Vorgesetzten hoch anerkannt, doch privat mit dem Sonderling einmal ein Bier trinken gehen, wollten die wenigsten.

Irgendetwas stimmt nicht, das merkte der Sonderling bereits in seinen jungen Berufsjahren, doch fassen konnte er die Gründe dafür nicht. Die immer wieder auftretenden innerlichen Unruhen verflüchtigten sich nur dann, wenn er sich immer neuen geistigen Herausforderungen stellte. Sein Ehrgeiz entwickelte sich schließlich zu einem ungesunden Ehrgeiz und zerrte an ihn bis zur vollkommenden Erschöpfung. Erst WJ 2017in den 1990er Jahren bekam das Ganze dann mit "Depressionen aus einer Kindheitsneurose" einen Namen und später mit der Diagnose von "leicht autistischen Zügen" auch eine ergänzende Erklärung.

Die Depressionen sind zwischenzeitlich soweit therapiert, dass ich mit den Narben auf meiner frühkindlichen Seele leben kann. Der ungesunde Ehrgeiz hat sich zu einem gesunden Ehrgeiz zurückentwickelt. Mit den leicht autistischen Zügen kann ich gut leben, weil vor allem meine zweite Frau darüber herzlich lachen kann. Sie entwickelt daraus witzige Anekdoten, die sie gerne erzählt, andere dadurch zum Lachen und mich zum Schmunzeln bringt.

 


Rapa Nui, die Geschichte der Osterinsel erzählt in 200 Illustrationen
Die Geschichte der Osterinsel
erzählt in 200 Illustratioen
www.wilhelm-janssen.de/ © Meine Welt